Es war einmal... eine junge Frau, Ende 20, die nach ihrem BWL-Studium ein halbes Jahr mit ihrem Rucksack in Australien unterwegs war.
Eine große Chance.
Der Bekannte einer Freundin organisierte mir einen Job auf einer Rinderfarm, fernab jeglicher Zivilisation, im Outback eben. Eine richtige, echte Farm (austral. Station), die für gewöhnlich keine Work-and-Travel-Rucksack-Reisende aufnimmt und eine zeitlang beschäftigt und beherbergt. Diese Möglichkeit bekam ich also nur durch Vitamin B - eine große Chance also.
Der Job-Vermittler hatte so eine leise Ahnung, dass ich vielleicht eine eher realitätsferne, Hollywood-like Vorstellung einer australischen Rinderfarm haben könnte und er wollte natürlich tunlichst vermeiden, dass ich 2.600 Kilometer quer durch den Kontinent fahre, um dann aufm Absatz wieder kehrt zu machen, weil es mir dort dann vielleicht nicht gefallen würde.
Also beschrieb er mir das Leben und die Umstände auf einer, auf dieser speziellen Station:
Einfachste Unterbringung mit den Saisonarbeitern in Holzbaracken, Gemeinschafts-„Bad“, oder sagen wir mal lieber Wasch-Gelegenheit. Er beschrieb mir die Menschen die dort arbeiten, Cowboys würde man sie in den USA nennen, in Australien heißen sie Jackaroos.
Er erzählte mir von der Familie rund um den Station-Manager, sowie von den Aborigines aus der angrenzenden Gemeinde, die den Farmarbeitern auch manchmal zur Hand gingen, wenn sie denn Lust dazu hatten.
So far so good.
In seiner Beschreibung ließ er auch nicht unerwähnt, auf welche Tiere ich mich einstellen müsse. Neben 20.000 Rindern, gibt es 30 Pferden und 20 Hunde… so far so good… 2 Buffalos, auch kein Problem! Aber im Fluß hinter den Baracken auch Krokodile, wenns am Abend dunkel wird Kröten und eigentlich überflüssig zu erwähnen, klar: Kakerlaken, Spinnen und Schlangen.
Die australischen Arten an Spinnen und Schlangen sind entweder von stattlicher Größe oder sie sind schlichtweg giftig.
Ich will Spaß, ich will Spaß!
War ich bereit mich aus diversesten Komfortzonen heraus zu bewegen? Ich war ja schließlich in Australien um Spaß zu haben und meine Freiheit und das Leben zu genießen - was ich bereits seit einiger Zeit kreuz und quer durch Australien getan hatte. Und jetzt, auf diese Station im Nirgendwo und ums Überleben kämpfen?
Hin und her gerissen beschäftigte mich diese Entscheidung einige Tage sehr intensiv und je länger ich darüber nachdachte, desto größer wurden die Spinnen in meiner Vorstellung.
Schaffe ich das überhaupt?
Ich hatte als Backpacker inzwischen meine routinierten Abläufe auf der Reise und jeder einzelne Tag war auch so schon ein immer wieder neues großes Abenteuer und ich fühlte mich rundum wohl und sicher. Der Gedanke aus dem Gewohnten auszubrechen, machte mir jetzt also ziemlich Angst. Ich konnte das Risiko nicht einschätzen ob mir dieses neue, doch sehr spezielle Abenteuer gefallen würde, ähnlich gut wie das bisherige Leben als Backpacker? Und dann all die giftigen Tiere und ich sollte als Koch arbeiten und drei Mahlzeiten täglich zubereiten für bis zu 25 Männer. Würde ich das überhaupt schaffen? Wird's denen schmecken und werden sie satt?
Halte Dich nur phasenweise in der Komfortzone auf.
Die Grenze der Komfortzone liegt natürlich bei jedem Menschen, auch bei jedem Backpacker woanders. Darüberhinaus kann man auch in einem Bereich selbstbewusst sein und zum Beispiel locker eine Präsentation halten vor einer großen Gruppe an fremden Menschen, sich aber auf der anderen Seite zum Beispiel nicht trauen den Chef nach einer Gehaltserhöhung zu fragen.
Auch der Grad der Begeisterung für Neues ist bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Für manche ist die eigene Komfortzone eng und winzig klein, feste Strukturen und Routinen sind das Allerfeinste und Sicherheit geht über Erfahrung. Die Komfortzone ist gemütlich und kuschelig und es ist gar kein Ding sich hin und wieder dorthin zurück zu ziehen. Auf Dauer aber läuft man Gefahr unflexibel zu werden.
Solange man nur nicht, exemplarisch bei meinem Beispiel auf diese Station im Nirgendwo geht - null problemo, allerdings kann das Ausharren in der Komfortzone tatsächlich schwerwiegende Auswirkungen haben, zum Beispiel in eine berufliche Sackgasse führen oder zum Festhalten an eine Freund- oder Partnerschaft oder auch an ungesunden Angewohnheiten wie zum Beispiel das Rauchen.
Wer hingegen eher abenteuerlich unterwegs ist, hat eine größere Komfortzone oder sucht nach Freiräumen für Neues, zieht Befriedigung aus einem abenteuerlichen und mutigen Schritt. Daher ergibt es hochgradig Sinn ab und zu mal Neues zu wagen und natürlich auch, weil uns das Leben dadurch länger erscheint.
Für den Anfang erweitere Deine Komfortzone.
Warum tun wir uns aber so schwer damit, unsere Komfortzone zu verlassen und wie können wir das ändern? Psychologen sind sich in diesem Thema einig, dass es einfacher wird, wenn wir unsere Komfortzone zunächst einmal erweitern. Und das geht am Anfang ganz einfach indem wir alltägliche Angewohnheiten in kleinen Schritten verändern, am Besten täglich.
Das kann sein, dass ich mal einen anderen Weg ins Büro gehe, ein anderes Essen beim Italiener bestelle als immerzu die gleiche Pizza oder beim Kochen mit exotischen Gewürzen experimentiere oder mich an die Zubereitung eines Pulpo herantraue.
Je mehr und häufiger wir eine Routine entwickeln in dem Ausprobieren des kleinen Neuen, desto mutiger werden wir mit der Zeit und trauen uns größere Schritte zu, wir fühlen uns mutig, selbstbewusst und zuversichtlich. Gute Eigenschaften, wenn uns das Leben auch mal in eine Situation bringt, in der direkt ein großer Schritt zu machen ist. Das gelingt uns dann eben auch sehr viel leichter.
Mut = etwas tun, obwohl ich Angst habe.
Als ich mich damals in Australien dazu entschieden hatte, tatsächlich mit dem Bus die weite Strecke hoch ins Northern Territory zu fahren und dann am Ende für 4 Wochen und dann - weils so mega schön war, nochmal für 2 Wochen dort zu arbeiten, war das ein mutiger Schritt.
Das heißt aber keineswegs dass ich furchtlos war. Mutig zu sein heißt, etwas zu tun, obwohl ich Angst habe.
Übrigens, wenn ich heute vor großen Herausforderungen stehe, bezeichne ich diese Situation nicht als „beängstigend“, sondern als „spannend“ und schon habe ich eine ganz andere Einstellung dazu. So einfach kann es manchmal sein.
Und noch ein Tipp wie eine Veränderung einfacher umzusetzen ist: Führe Tagebuch und protokolliere was Du verändern willst und wie. Also nicht nur im Kopf Pläne schmieden, sondern Ziele und Maßnahmen schriftlich festhalten. Kann es sein, dass Du gerade die Augen verdrehst und denkst „ey, boah, ey!“ ?
It’s up to you!
Herzlichst, Martina
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